Den Favoriten ins Schwitzen gebracht

    Der TV Echterdingen liefert dem Oberligisten Bissingen einen heißen Pokalkampf und kassiert die entscheidenden Gegentore beim 1:3 erst in der Endphase. Dabei wartet der neue Trainer Mario Estasi mit einigen Änderungen auf.
    Darf man als Trainer unzufrieden sein, wenn die eigene Mannschaft einem zwei Spielklassen höher angesiedelten Spitzenteam 80 Minuten lang den Schweiß auf die Stirn getrieben hat? Ist es angebracht, zu hadern, wenn am Ende gegen den turmhohen Favoriten die zwischenzeitlich mögliche faustdicke Überraschung nicht gelingt? Mario Estasi schien zuletzt hin- und hergerissen. Auf der einen Seite war der Stolz auf die Leistung seines Aufgebots. „Die Spieler haben gegen den Ball überragend gearbeitet“, sagte der neue Coach nach seiner ersten Pflichtpartie mit den Fußballern des TV Echterdingen. Andererseits: es wäre halt zu schön gewesen, hätte es obendrein für einen Ergebniscoup gereicht. Dass stattdessen im Erstrunden-Verbandspokalspiel gegen den Oberligisten FSV 08 Bissingen am Samstag unter dem Strich eine standesgemäße 1:3-Heimniederlage stand, „das nervt ein bisschen“, befand Estasi.
    Freilich: mit einem zeitlichen Abstand von ein, zwei Tagen und bei einer vollends kühlen Analyse dürften die positiven Erkenntnisse bei weitem überwiegen. Zwei Wochen vor dem Beginn der Punkterunde in der Landesliga hatte die spannende Frage ja gelautet: wie ist es bestellt um die Echterdinger – nach dem Trainerwechsel, nach dem Umbruch im Kader, nach der verkorksten vergangenen Saison? In dieser Hinsicht war die aktuelle Begegnung der erste wirkliche Gradmesser, auch wenn ein noch in der Vorbereitungsphase liegendes Cupduell und der Ernst der Liga dann immer noch zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Nach jetzigem Stand lässt sich sagen: die Gelb-Schwarzen sind offenkundig auf einem guten Weg. Zumindest in den Bereichen mannschaftliche Geschlossenheit, taktische Disziplin und vor allem Einsatzwillen verdienten sie sich ein Plus.
    Estasis Ankündigung, Vollgas zu geben und den Kontrahenten „gewaltig ärgern“ zu wollen – sie wurde umgesetzt, insbesondere deshalb, weil die Echterdinger bei den hochsommerlichen Temperaturen um jeden Ball rackerten, als ginge es um das Tafelsilber des Vereins. „Die Mannschaft weiß jetzt, was sie leisten kann – vorausgesetzt, das Engagement ist da“, konstatierte der Trainer.
    Hinzu kamen zwei Komponenten, von denen die Seinen profitierten. Erstens reiste der Vorjahresfinalist Bissingen direkt aus einem Trainingslager in Österreich an. Dort hatte der Gegner vier Tage lang geknüppelt – mit entsprechend schweren Beinen war er unterwegs. Zweitens offenbarten die Gäste dann eine erstaunliche Anfälligkeit bei Standardsituationen. Mehrfach durften Estasis Mannen nach einem an und für sich simplen Strickmuster die Bissinger Alarmlampen angehen lassen: Freistoßflanke, Kopfball, Torgefahr. „Die Echterdinger haben halt sechs Lulatsche, die alle um die zwei Meter sind“, merkte der FSV-Coach Alfonso Garcia hinterher flapsig an, nachdem er zwischendurch an der Seitenlinie weitaus weniger aufgeräumt geschimpft und gestikuliert hatte. Die überhaupt erste Chance des Filderteams führte somit in der 41.?Spielminute prompt zum Ausgleich. Die von Dennis Garcia-Franco im hohen Bogen in den Strafraum getretene Kugel fand in dem Neuzugang Maximilian Knödler einen Abnehmer.
    Es war das zu diesem Zeitpunkt für die Heimelf eher schmeichelhafte 1:1 – die plötzliche Antwort auf das Führungstor des Favoriten, für das der einstige Verbandsliga-Torschützenkönig Marian Asch per Flachschuss verantwortlich gezeichnet hatte (31.). Mit dem Echterdinger Streich gerieten die Bissinger jedoch ins Wanken. Erneut Knödler (43.), Lukas Haselmaier (50.) und der Kapitän David Hertel (67.) hatten weitere Großchancen für den Außenseiter – ehe dessen Gegner erst in der Endphase die Schlagzahl noch einmal erhöhte und die Kurve bekam. Zu Matchwinnern avancierten dabei Asch sowie der eingewechselte Marius Kunde. Die entscheidenden Treffer resultierten aus Co-Produktionen dieser beiden Akteure. Erst legte Asch für Kunde vor, der nur noch einschieben musste, dann umgekehrt (79./86.).
    Aus Echterdinger Warte lief es beim 1:2 zumindest für einen Akteur ziemlich blöd: Dennis Zschorsch befand sich noch keine 60 Sekunden auf dem Platz, als er auf der rechten Außenbahn von Asch überlaufen wurde und so den verhängnisvollen Zweikampf verlor. Willkommen damit zurück aus dem Urlaub. Zschorsch war erst tags zuvor heimgekehrt.
    Ansonsten machte die Echterdinger Defensive einen guten Eindruck und hatte durchaus ihre Gewinner. Beispiel Fabian Hieber, der im Tor den Vorzug vor dem bisherigen Stammkeeper Valentin Haug erhielt und mit zwei Glanzparaden aufwartete. Beispiel Garcia-Fanco, den Estasi von seiner linken Verteidigerposition ins zentrale Mittelfeld versetzt hat, weil er ihn dort für wertvoller hält. Und Beispiel Emre Göcer – unter dem Estasi-Vorgänger Aleksandar Kalic noch lediglich ergänzendes Talent mit Perspektive, hat der 19-Jährige nun gute Aussichten auf einen Stammplatz in der Innenverteidigung.
    Estasis Kommentar: „Der Junge ist gut.“ Der Trainer sagte es mit einem Lächeln – und in diesem Moment wirkte er dann doch recht zufrieden.
    TV Echterdingen: Hieber – Kühnle (66. Kranjc), Göcer, Haselmaier, Di Leone – Rizzo (89. Widmayer), Lechleitner, Garcia-Franco (86. Jovanovic), Hertel – Knoll (78. Zschorsch), Knödler.
    FSV 08 Bissingen: Burkhardt – Buck, Reich (46. Macorig), Ngo, Willberg – Gorgoglione (62. Götz), Di Biccari, Schmiedel, Milchraum (84. Wöhrle) – Wiens (55. Kunde) – Asch.