Der Filderclub will seinen Kader diesmal anders verstärken. Heute Abend geht es nach Bonlanden.
Ja, so hatte man das erwartet. SV Bonlanden gegen TV Echterdingen – ein Spiel mit Brisanz, nicht nur wegen des Lokalkolorits, sondern auch aufgrund der Tabellensituation. Der einzige Irrtum an der Geschichte: anders als zum Rundenbeginn vermutet, handelt es sich um keinen Aufstiegsknüller, sondern eher einen Abstiegsfight. Am heutigen Freitagabend eröffnet das Filder-Derby den 22. Spieltag der Fußball-Landesliga, vor welchem bei den Gästen aus den Goldäckern eines schon jetzt feststeht: Es soll für die nächste Saison personelle Konsequenzen geben.
SV Bonlanden – TV Echterdingen. Er war seinerzeit noch nicht in verantwortlicher Position, aber er war als Zuschauer live dabei. Und so kann der Trainer Klaus Kämmerer gut nachempfinden, was in den Köpfen seiner Kicker vorgeht, wenn sie an jenen Tag zurückdenken. Die Rede ist vom 2. Oktober, dem Hinspiel. Bittere Niederlagen hat der SV Bonlanden in dieser Saison wahrlich schon einige einstecken müssen, die damalige stand aber unstrittig für die schwärzeste Stunde. Endstand: 0:4 – derart gedemütigt wurden die Filderstädter kein zweites Mal. Und wohl auch noch selten zuvor sind sie in einem Derby halbherziger und schlafmütziger aufgetreten als in diesem Fall. „Es gibt etwas gutzumachen“, weiß Kämmerer demnach. Dabei sieht er Revanchegelüste allerdings lediglich als zweitrangigen Aspekt. Primär geht es um anderes: auch nach drei Siegen aus den vergangenen vier Partien und einem unter dem neuen Coach initiierten klaren Aufwärtstrend brauchen die Schwarz-Weißen schlicht jeden Punkt im Kampf um den Klassenverbleib.
Das Motto lautet: nun bloß nicht nachlassen. Nun schön konzentriert weiter arbeiten – Betonung auf „arbeiten“. Wer im Überschwang des jüngsten Erfolgs bereits wieder auf fußballerische Glanzlichter spekuliert, erhält von Kämmerer eine Absage. „Es gilt unverändert vor allem, kompakt zu stehen. Wir werden bestimmt nicht ins offene Messer laufen“, kündigt er an. Erst recht, hat er doch die Offensive als Stärke des Gegners ausgemacht – Letzteres nicht zuletzt dank eines gewissen Max Knoll. Der war zu gemeinsamen Zeiten beim SV Vaihingen einer von Kämmerers Lieblingsschülern. Seitdem haben sich die sportlichen Wege getrennt, nicht aber die freundschaftlichen Bande. „Es freut mich riesig für ihn, wie es bei ihm läuft“, sagt Kämmerer – freilich in der Hoffnung, dass sich der Besagte nun für ein Spiel eine Auszeit nimmt. Mit acht Saisontoren führt Knoll mittlerweile die interne Echterdinger Schützenliste an.
Keine Frage: der 26-Jährige gehört damit zu den wenigen Gewinnern in einem 2015/2016 insgesamt hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Gästeensemble – und nicht zu jenen im gelb-schwarzen Kader, die sich mit Blick auf die nächste Saison Gedanken machen müssen. Während man in Bonlanden ob der prekären sportlichen Lage beschlossen hat, die Personalplanungen auf den Mai zu vertagen, sind in Echterdingen erste Eckdaten formuliert. Vorhaben eins lautet: diesmal kein langes Hin und Her mit den bisherigen Akteuren. „Wir geben kürzere Bedenkzeiten als im vergangenen Jahr. Bis Ende April wollen wir von jedem wissen, was Sache ist“, sagt der Trainer Aleksandar Kalic. Der Hintergrund ist Vorhaben zwei: um sich dann gezielt den externen Bestrebungen widmen zu können. Aus der Erkenntnis, dass es mit dem jetzigen Personal eben nicht wie gedacht für einen Spitzenplatz gereicht hat, beabsichtigen die Verantwortlichen Konsequenzen zu ziehen. Mit einigen neuen Spielern will Kalic „neue Reize setzen“. Konkret schwebt ihm für jeden Mannschaftsteil „je eine Verstärkung“ vor. Klasse statt Masse, bevorzugt „Leadertypen“ – was im Umkehrschluss auch heißt, dass der ein oder andere gehen müssen wird.
Insofern sind die verbleibenden acht Spiele der aktuellen Runde auch als eine Art Casting zu sehen. Schon für die heutige Partie erkennt Kalic „ein Hauen und Stechen“ um die elf Plätze in der Startformation. Wichtigster Ansatzpunkt: die Reduzierung der individuellen Fehler. „Wir bekommen einfach zu viele leichte Gegentore aus dem Nichts“, sagt der Trainer nach den Niederlagen gegen die Spitzenteams Calcio (1:2) und Bad Boll (2:3), mit denen auch für die Seinen das Rechnen weitergeht. Sechs, sieben Punkte fehlen gemäß Kalics Einschätzung noch, um endgültig auf der sicheren Seite zu sein.
Duplizität der Ereignisse: bei beiden Kontrahenten kehren die zuletzt ausgefallenen Stammkeeper zwischen die Pfosten zurück. Hüben Philipp Günther, drüben Valentin Haug. Weiter auf der Ausfallliste befinden sich beim SV Bonlanden Maximilian Schwarz und Felix Böse (beide Muskelfaserriss) – wohingegen beim TV Echterdingen auch Denis Kroer sowie Marc Brodbeck wieder zur Verfügung stehen, Dennis Zschorsch (Zerrung) nach wie vor passen muss und Michael Haigis’ Einsatz noch fraglich ist. Der Angreifer hat sich einen Wirbel ausgerenkt.
Ob es bei ihm geht oder nicht, soll sich kurzfristig klären, ebenso wie der Spielort. Naturrasen oder Kunstrasen? Es wird eine Sache der Lichtverhältnisse. Bei Sonnenschein würden die Gastgeber tendenziell trotz dort fehlenden Flutlichts Ersteres riskieren – und damit eine Durststrecke beenden. Das bislang letzte Punktspiel auf dem Hauptplatz an der Humboldtstraße datiert vom November 2014. Seitdem sind Winter, Großbaustelle zwecks Renovierung, unerwartet lange Anwachsphase des neuen Grüns und abermaliger Winter gefolgt.
Die Sehnsucht, endlich, endlich wieder auf echtem Rasen kicken zu können, sie ist beiden Bonlandenern mindestens genau so groß wie die Lust auf einen Derbysieg, mithin eine Begradigung des erwähnten 0:4.