Von der großen Party zum großen Kater?

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    Nach dem Aufstieg geht der TV Echterdingen mit Sorgen in die neue Saison. Der Knallertransfer dieses Sommers kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Kader Baustellen geblieben sind. Zwei Wünsche des Trainers sind bislang unerfüllt.
    Franz Stettmer
    Stuttgart. Es hat Zeiten gegeben, da wäre mit Giuseppe Iorfida das italienische Temperament durchgegangen. „Ja, in jüngeren Jahren hätte ich in einem solchen Fall geschimpft und mich aufgeregt“, sagt der Trainer des TV Echterdingen. Heute ist er zwar noch längst kein Oldie, aber immerhin 42. Und es bestätigt sich die Weisheit, dass man mit zunehmendem Alter gelassener wird, zumal als inzwischen vierfacher Familienvater.
    Zwei Monate ist es mittlerweile her, dass die Echterdinger Fußballer gefeiert haben. Verbandsliga-Aufstieg, zum zweiten Mal in ihrer Abteilungsgeschichte – damit nach zwölf Jahren die Rückkehr in Württembergs höchste Spielklasse. In jener beginnt für die Gelb-Schwarzen nun an diesem Samstag (15.30 Uhr) beim Mitaufsteiger FV Rot-Weiß Weiler die neue Saison. Das Problem: So sehr sich Iorfida auch müht, eine Vorfreude zu kommunizieren, so wenig ist zu übersehen, dass sich in den Goldäckern mit Blick aufs bevorstehende Ganze ein mulmiges Gefühl eingeschlichen hat. Die bange Frage ist: Folgt der großen Party womöglich der große Kater?
    Hinter sich haben Iorfida und die Seinen eine Sommervorbereitung, die, vorsichtig ausgedrückt, nicht als wunschgemäß zu bezeichnen ist. Zur Verfügung stand dem Coach selten mehr als die Hälfte seines Kickerpersonals. Bei jenem ging es zu wie in einer Drehtür am örtlichen Flughafen. Es war ein stetes Kommen und Gehen von Urlaubern. Der Tiefpunkt: die auch daraus resultierende 1:6-Erstrundenschlappe im Pokalwettbewerb gegen den klassentieferen TV Darmsheim.
    Eigentlich wie gesagt Umstände, bei denen einem Trainer der Kropf schwellen könnte. „Doch haben wir damit einfach etwas den Preis für die Relegation gezahlt“, sagt Iorfida. Mit der letztlich triumphal absolvierten Zusatzschicht hatte sich die vergangene Runde für seine Mannschaft um zwei Wochen verlängert – und notgedrungen nur 14 Tage später ging es dann bereits mit dem Training für die neue los. Viel Zeitfenster, um sich fußballkompatibel zur Erholung auszuklinken, blieb also nicht.
    Allerdings sind die somit nun noch aufzuarbeitenden Rückstände nur der eine Punkt. Hinzu kommt, dass dann auch die Kaderplanung anders verlaufen ist als erhofft. Ja, die Echterdinger haben gar ligaweit das Ausrufezeichen schlechthin dieser Transferperiode gesetzt. Die Verpflichtung des Ex-Nationalspielers und früheren VfB-Bundesliga-Profis Alexander Farnerud war und ist für eine Schlagzeile gut. Und Skeptikern, die unken, es könnte sich dabei mehr um eine Shownummer als sportliche Relevanzgröße handeln, ist der Reaktivierte mit seinen 39 Jahren doch im eher biblischen Fußballeralter angelangt, schreibt Iorfida eines schon jetzt ins Stammbuch: „Menschlich bingo, dazu topfit und absolute Führungsfigur – eine zweifellos große Verstärkung für uns.“
    Und, ebenfalls ja: In dem Offensivdribbler Giuseppe Pirracchio und dem Bonlandener Steffen Schmidt sind darüber hinaus zwei gestandene Wunschspieler Iorfidas neu dabei. Nur vermögen diese Personalien nicht darüber hinwegzutäuschen, dass auf den eigentlichen Baustellen wenig geschehen ist. Demgegenüber haben die Echterdinger in dem Abwehrroutinier David Hertel und ihrem Toptorjäger Ugur Yilmaz zwei Eckpfeiler verloren. „Verluste, die weh tun“, wie Iorfida sagt. Entsprechend hatte er vor allem für diese Positionen Handlungsbedarf reklamiert. Angesprochen fühlen durfte sich der neue sportliche Leiter Zeljko Ljubinac.
    Das Ergebnis? Iorfida benennt es so: „In manchen Wochen haben sich 25 potenzielle Neue bei uns angeboten, aber das, was uns wirklich weitergebracht hätte, war nicht dabei.“ Und: „Verrückte Sachen wollten wir dann auch nicht machen.“ Teils scheiterte es schlicht am Geldbeutel. Bis zum Ende der Wechselphase will der Verein die Augen weiter offen halten.
    Einstweilen gilt es, sich mit den Umständen zu arrangieren, flankiert von der Hoffnung, dass vielleicht auch der ein oder andere der Youngsters zügigere Entwicklungsschritte macht als gedacht. Iorfidas Devise lautet: nicht lamentieren, sondern anpacken. „Wir müssen nun so schnell wie möglich wieder maximal ankommen: hungrig, geil, giftig und voller Leidenschaft“, fordert er.
    Ob dann am Ende die Kaderqualität reichen wird? Mal schauen. Wie lang es dauert, bis nun überhaupt einmal ein jeder auf dem erwarteten Leistungslevel ist? Iorfida geht von „Mitte September“ aus – und fügt einerseits vorsichtshalber schon einmal an: „Im September hat sich noch nie eine Saison entschieden.“ Will heißen: Auch wenn die Mannschaft schwer in die Gänge kommen sollte, bitte nicht gleich Panik. Andererseits: „Stehst du nach sechs, sieben Spielen mit nur einem Punkt auf dem Konto da, wird es natürlich doppelt schwer“, weiß auch der Coach.
    Insofern ist klar, um was es gleich in der Auftaktpartie geht, die den Echterdingern beim Unterfangen Klassenverbleib die weiteste Auswärtsfahrt des Spieljahrs beschert. Westallgäu, österreichische Grenze. Dies im Übrigen noch ohne den Star Farnerud. Der Schwede weilt noch – richtig, im Urlaub. „Ist halt so“, sagt Iorfida mit einem erneuten Schulterzucken. Auch in diesem Fall hat er beschlossen: Warum sich über Dinge aufregen, die er nicht ändern kann?