Der Matchwinner Özkahraman und die Frage der Ehre

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Stimmen und Stimmung nach dem Echterdinger Landesliga-Derby vom Freitagabend.
So schnell kann es gehen. Eine Woche zuvor war er noch einer der Verlierer gewesen, nachdem ihn sein Trainer bereits nach einer guten halben Stunde vom Platz geholt hatte. Nun stand Fatih Özkahraman als Matchwinner da. Die Bilanz des Angreifers von Calcio Leinfelden-Echterdingen: zwei Elfmeter herausgeholt, einen davon selbst versenkt. Und auch als sein Gegenspieler Marc Elsäßer nach der Pause für ein Frustfoul die rote Karte sah, war der 27-Jährige entscheidend beteiligt - erneut war er das Opfer. Kurzum: Özkahraman hatte einigen Anteil daran, dass seine Mannschaft in dem mit großer Spannung erwarteten Ortsderby am Freitagabend beim TV Echterdingen einen 3:0-Triumph feierte.
Erst in diesem Sommer ist Özkahraman vom Ligakontrahenten TSV Weilheim in die Goldäcker gewechselt und hat für seinen neuen Verein nun schon drei Punktspieltore erzielt. 'Ich war sehr erstaunt, wie diesem Spiel entgegengefiebert worden ist, auch im Umfeld der beiden Clubs', sagte Özkahraman nach für ihn ersten Echterdinger Stadtduell. Vor der Partie hatte just er noch eine 'kleine Ansprache an die Mannschaftskollegen' gehalten und sie eingeschworen. Der Inhalt seiner Rede? 'Ich habe ihnen gesagt, dass es neben den drei Punkten vor allem auch um die Ehre geht', verriet der ehemalige Torschützenkönig der A-Junioren-Oberliga, für dessen Elf Shkemb Miftari und Volkan Candan die weiteren Treffer erzielten.
Demgegenüber war die Enttäuschung beim TV Echterdingen groß. Gezeigt hatte sich die verhagelte Laune schon während des Spiels, als der Coach Aleksandar Kalic nach einem überflüssigen Disput mit dem Schiedsrichter seinen Platz an der Seitenlinie räumen und die letzten 20 Spielminuten von der Tribüne aus verfolgen musste. Hinzu kommen personelle Nachwehen. Der erwähnte Elsäßer wird in den nächsten Spielen gesperrt fehlen. Und die Knieverletzung von Marc Brodbeck hat sich inzwischen als Kapselriss herausgestellt. Doch zeigte sich der Abteilungsleiter Phillip Wunsch als fairer Verlierer. 'In der ersten Halbzeit waren wir zu passiv und haben uns auch bei den beiden aus meiner Sicht berechtigten Elfmetern nicht wirklich clever angestellt. Der Sieg für Calcio geht daher in Ordnung', bilanzierte er.
Einen möglichen Wendepunkt in der Begegnung hatte Lukas Haselmaier ausgelassen. Der Innenverteidiger, der die Gelb-Schwarzen anstelle des diesmal nur auf der Bank sitzenden David Hertel (Trainingsrückstand nach Staatsexamen und Urlaub) als Kapitän anführte, zögerte in der 66. Minute bei der mit Abstand besten Torchance der Gastgeber zu lang - es hätte zu diesem Zeitpunkt der Ausgleich sein können. 'Diese Riesenchance muss ich natürlich nutzen, das war sehr unglücklich - und auch, dass wir direkt danach in einen Konter laufen, der zur Vorentscheidung führt', sagte Haselmaier.
Ein trauriges Gesicht machte indes auch ein Calcio-Akteur. Die Rede ist von Emrah Basol, der sich in der vorigen Saison beim 3:2-Erfolg des damaligen Aufsteigers noch als dreifacher Torschütze hatte feiern lassen. Diesmal schmorte der Mittelfeldmann die komplette Spielzeit auf der Bank. Doch immerhin das, mögen manche sagen. Erwartet worden war eigentlich noch weniger. Wie berichtet, war Basol kürzlich im Training mit seinem Trainer Cataldo Diletto verbal zusammengerasselt, wonach dieser ihn vorläufig suspendiert hatte. Umso größer war die Überraschung, dass Basol am Freitagabend dann doch bereits wieder im Calcio-Aufgebot auftauchte. Offenbar hatten beide Seiten ihren Zwist kurzfristig ausgeräumt.
Näher äußern wollte sich Diletto zu diesem Thema am Ende nicht. Warum die Freude trüben? Was zählte, war anderes: nämlich der erzielte Sieg, mit dem Calcio seine Ambitionen auf einen Spitzenplatz in dieser Saison unterstrichen hat.