Ein Sportgerichtsurteil, Verletzungspech, gescheiterte Neuverpflichtungen und jetzt auch noch ein Sportlicher Leiter vor dem Ausstieg – der TV Echterdingen muss gerade einiges einstecken. Dennoch geht sein Trainer im Angriffsmodus in die Rückrunde.
Bei wohl nicht wenigen anderen hätten solche Umstände gereicht, um das Stimmungsbarometer noch vor der ersten Ligapartie auf Kellertreppenniveau einfrieren zu lassen. Es ist jedenfalls einiges, was beim TV Echterdingen in den vergangenen Wochen zusammengekommen ist. Angefangen bei der Tatsache, dass gleich vier vereinbarte Testbegegnungen der Gelb-Schwarzen ausfielen, weil die Gegner kurzfristig absagten. Über ärgerliche Post vom Sportgericht, welches den Routinier David Hertel wegen Schiedsrichterbeleidigung nachträglich mit einer Drei-Spiele-Sperre belegt hat. Bis hin zum Verletzungspech des Youngsters Leon Gerxhaliu – der 19-Jährige, einer der Senkrechtstarter der Hinrunde, ist in Anbetracht einer anstehenden Knieoperation voraussichtlich für die nächsten zwei bis drei Monate raus.
Ja, und als wäre es mit alledem noch nicht genug, verlief dann auch noch die Suche nach den erhofften Verstärkungen eher mau und platzte schließlich obendrein die Ausstiegsankündigung des Sportlichen Leiters Valentin Haug in die Planungen. Letzterer wechselt wie berichtet zur kommenden Saison überraschend auf den Trainerposten beim Ortsnachbarn TSV Musberg.
Prost, Mahlzeit also, könnte man meinen. Doch zum Glück haben die Echterdinger in ihrem eigenen Coach Giuseppe Iorfida eine Frontfigur, der Begriffe wie Trübsal blasen oder lamentieren ähnlich fremd sind wie einem Zentralafrikaner Langlaufskier. Es wird sich nach Außen hin nicht klären lassen, wie viel davon demonstrativer Jetzt-erst-recht-Optimismus ist und wie viel echte Überzeugung. Klar jedoch ist: Iorfida sprüht allen genannten Widrigkeiten zum Trotz vor Zuversicht und Tatendrang. Beispiele gefällig? Bitte! „Wir sind super vorbereitet“, sagt Iorfida. „Wir haben einen tollen Kader“, fügt er an. Und: „Wir haben eine sensationelle erste Saisonhälfte gespielt – ich wüsste nicht, warum es jetzt nicht auch eine herausragende Rückrunde werden sollte.“
Positiv denken. Nicht Energie vergeuden mit Dingen, die sich eh nicht mehr ändern lassen. Stattdessen an die eigenen Stärken glauben. Das ist Iorfidas Maxime. Und in der Tat, bislang ist es ja ein Echterdinger Wettbewerbsjahr, das alle ursprünglichen Erwartungen übertrifft. Sicher durften die Ansprüche steigen, nachdem der Filderclub vor der Saison mit einigen hochkarätigen Neuverpflichtungen hatte aufhorchen lassen (Becker, Celiktas, Rui Tiago). Doch wer hätte gedacht, dass es nach dem bisherigen Abo für den Abstiegskampf gleich ein solcher Wandel werden würde? An sechs Spieltagen führten Iorfida und die Seinen sogar die Tabelle an. Erst auf der Schlussgeraden vor der Winterpause ging ihnen etwas die Puste aus. Mit nur zwei von zwölf möglichen Punkten aus den letzten vier Spielen rutschten sie auf den fünften Platz.
In der Summe soll die Hinserie jedoch der Maßstab sein. Sie hat Appetit gemacht. „Es gibt kein Muss für uns, Gegner wie Geislingen oder Oberensingen zu überholen. Aber wir wollen vorne dran bleiben“, sagt Iorfida. Von der Mannschaft erwartet er nun den „Hunger auf mehr“, eine sich verfestigende „Gewinnermentalität“. Zumindest ihm selbst, so viel steht fest, fehlt es am nötigen inneren Feuer und Ehrgeiz nicht. Seine Vorgabe lautet: „Punkten, punkten, punkten, sodass es im April oder Mai noch richtig interessant werden kann.“ „Ich habe keinen Bock, dann in der Tabelle irgendwo im Niemandsland zu stehen und das große Gähnen zu haben“, sagt Iorfida vor dem Auftaktspiel am Sonntag zuhause gegen den Letzten TSV Deizisau.
Auf den Ausfall seiner linken Abwehrseite mit den erwähnten Hertel und Gerxhaliu wird er fürs Erste wohl mit einer taktischen Umstellung reagieren. Keine Fünferabwehrkette mehr, sondern eine Viererreihe. Und dass aus dem personellen Nachschlag für die Innenverteidigung und die Außenbahnen zumindest nichts in der gedachten Form geworden ist? Dass die Echterdinger für diese Positionen laut Iorfida zwar eine Reihe Kandidaten hatten, jene aber alle absagten? Egal. Richten sollen es nun eben andere.
Fünf Spieler stehen dennoch neu im Aufgebot, darunter im bisherigen Vaihinger Bezirksliga-Torjäger Valentin Loparco (24), dem Nachwuchstalent Emre Mechmet (19) sowie dem aus Bremen zugewanderten Martin Jan Danckert (24) drei externe Zugänge. Einer, der auf Anhieb in der ersten Elf von null auf hundert durchstarten wird, ist eher nicht dabei. Mittelfristig attestiert Iorfida aber allen ein gutes Potenzial.
Gut genug, so die Echterdinger Hoffnungen, dass man sich mit dem Coach demnächst über eine Verlängerung der Zusammenarbeit einig werden wird. Einstweilen sagt Iorfida: „Der Verein ist klar mein erster Ansprechpartner. Ich fühle mich wohl hier. Aktuell fehlen aber noch ein, zwei Punkte, die ich mir durchüberlegen muss.“ Die Frage, wer neuer Sportlicher Leiter wird, dürfte einer davon sein. Der Noch-Amtsinhaber Haug erklärt seinen Abschied für den Sommer so: „Es war für mich immer klar, dass ich einmal ins Trainergeschäft will.“ Das unverhoffte Angebot aus Musberg bietet nun die passende Chance.
Von Echterdinger Seite ist der Tenor einhellig: absolutes Verständnis, Gratulation. Auch wenn man sich diese Baustelle freilich gern erspart hätte. Die Suche nach einem Nachfolger läuft.