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filderzeitung logo Ein Sieg am Sonntag in Bettringen, und der TV Echterdingen ist Herbstmeister der Landesliga.
Welchen Stellenwert hat es, wenn man Herbstmeister wird? Nicht wenige von Mario Estasis Amtskollegen würden bei diesem Thema wohl die branchenüblichen Floskeln auspacken. Bloße Momentaufnahme. Muster ohne
Wert. Ein inoffizieller Titel, für den man sich nichts kaufen kann, denn abgerechnet wird ja erst am Schluss. So oder so ähnlich. Und einerseits hätten sie damit natürlich recht. Andererseits fällt die Antwort von Estasi aus gutem Grund ganz anders aus. „Für die Mannschaft wäre das ein Dankeschön an sich selbst für eine tolle Hinrunde“, sagt der Trainer vor dem Auftritt seiner Landesliga-Fußballer des TV Echterdingen am Sonntag in Bettringen. Und es wäre der vorläufige Höhepunkt einer seit Saisonbeginn währenden erstaunlichen Geschichte, die manch einem in den Goldäckern immer noch wie ein Märchen vorkommen mag.
Ein Sieg beim Verfolger im Schwäbisch Gmünder Stadtteil, und die Echterdinger gehen definitiv und tatsächlich als Tabellenerster in die eine Woche später beginnende zweite Rundenhälfte – dies gerade einmal fünf Monate nachdem das gelb-schwarze Ensemble im Zitterfinale des vergangenen Spieljahrs nur um Haaresbreite den Absturz in die Bezirksliga vermieden hat. Vom Beinahe-Absteiger zum – ja, was eigentlich? Das ist die Frage, die man sich beim Filderclub allmählich stellen muss. Ist eine Mannschaft, die nach 14 Spieltagen das Klassement anführt, automatisch auch ein Aufstiegskandidat? Zumindest Estasi will so weit noch nicht gehen. Seine Devise lautet: „Situation genießen, aber nicht verrückt machen lassen“. Bodenhaftung statt Übermut. „Wenn wir nach den ersten vier, fünf Spielen im neuen Jahr immer noch vorne dabei sind, kann man vielleicht mal über andere Ziele sprechen“, sagt er.
Zugleich macht der Trainer jedoch keinen Hehl daraus, dass er und die Seinen auf den Geschmack gekommen sind. Der Erfolg hat hungrig nach weiterem Erfolg gemacht. Auch vor der anstehenden nächsten Aufgabe stellt Estasi in den eigenen Reihen einen „großen Ehrgeiz“ und einen „großen Siegeswillen“ fest. Kuriosität des Spielplans: innerhalb von vier Wochen treffen die Echterdinger auf den vierten Aufsteiger in Serie. Den 1. FC Eislingen (3:0), den
TSV Weilimdorf (4:0) und den
TSV Neu-Ulm (3:1) haben sie zuletzt ja bereits abserviert. Die
SG Bettringen freilich dürfte nun die kniffligste Aufgabe darstellen. Die vom einstigen Ulmer Bundesliga-Profi Bernd Maier angeleiteten Gastgeber sind Vierter, nur drei Punkte hinter Estasis Team. „Eine robuste Truppe, die brutal schnell nach vorne spielt“, urteilt jener.
Zu knacken gilt es dabei nicht nur den Gegner, auch hat Estasi darüber hinaus ein Luxusproblem zu lösen. Nach Monaten der Personalnot und des Improvisierens ist die Ausgangslage inzwischen umgekehrt: Der 43-Jährige steht vor der nominellen Qual der Wahl. Bis auf die Langzeitverletzten Duje Tokic und Dennis Zschorsch sowie den angeschlagenen Nils Schaller (Verdacht auf eine Bänderdehnung im Knie) buhlen alle Spieler seines Kaders um einen Platz in der Startformation. Schon vor Wochenfrist blieb eigentlichen Fixgrößen wie dem Kapitän David Hertel, Lukas Haselmaier und Marc Elsäßer nach ihrem vorherigen Fehlen zunächst lediglich ein Platz unter den Reservisten.
Estasi sieht es so: „Jetzt haben wir eine starke Bank, von der aus wir Impulse setzen können.“ Für die Konkurrenz klingt es wohl wie eine Drohung. Herbstmeister TV Echterdingen? Nein, gemessen am Status quo handelte es sich mittlerweile eigentlich um keine Überraschung mehr.